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Lambertz: “Zwei Klimmzüge sind nicht genug”. Neues DSV Kraftkonzept.

Braden Keith
by Braden Keith 7

November 05th, 2016 Deutsch

 

Bereits nach den deutschen Meisterschaften im Mai hatte Chefcoach Henning Lambertz die in seinen Augen mangelnde Athletik besonders der Schwimmerinnen auf den Sprintstrecken bemängelt. „Im Vergleich mit der Weltspitze sehen unsere Mädels aus wie dünne Models und nicht wie Sportlerinnen.“ äußerte er damals, besonders enttäuscht von den Zeiten der Freistilschwimmerinnen, die die gesetzten Normen für die Olympischen Spiele weder über die 100 m Freistil noch in der 4 x 100 m Freistilstaffel erreichten. Ebenso schaffte aber auch keine Schwimmerin die Norm über die 100 m Brust und 100 m Rücken – über 100 m Schmetterling ging in Rio nur Alexandra Wenk an den Start, über 50 m Freistil Dorothea Brandt.

Der DSV hat nun auf seiner Website „Das Kraftkonzept 2016“ veröffentlicht mit dem Untertitel „Key-Points des Konzeptes – wissenschaftliche Begründungen für praktische Handlungsanweisungen“. Dieses Konzept wurde bereits auf der Auswertetagung und bei der Trainer A-Lizenz vorgestellt.

In dem Konzept, das vom Team um Henning Lambertz erarbeitet wurde, geht es um Erkenntnisse und die Umsetzung eines gezielten Muskelaufbau- und Maximalkrafttrainings – um Sportverletzungen und Überlastungsschäden zu vermeiden bzw. zu verringern, aber auch, um diese erworbene Kraft ins Wasser zu bringen – und schneller zu schwimmen.

Die Key-Points gehen an das Thema sehr wissenschaftlich heran, praktische Beispiele werden aber genannt, als Grundübungen werden Kniebeugen und Bankdrücken aufgeführt, aber auch das Training mit erhöhten Widerständen im Wassern (Fallschirm, Schwimmpropeller).

Unter den Spitzenschwimmerinnen sind mit Katinka Hosszu oder Alia Atkinso oder Sarah Sjöström Beispiele für austrainierte Athletinnen mit  „gut sichtbaren Muskeln“ zu finden.

Katinka Hosszu präsentiert in diesem Video zahlreiche Trainingsmethoden an Land, die für sie Abwechslung ins Wassertraining bringen, aber auch ihre Fähigkeiten im Wasser verbessern:  Boxen, Seilspringen, Kraftraining, Klimmzüge – und der gestählte Körper von Katinka, der dreifachen Olympiasiegerin, zeigt die Erfolge dieses Trainings:

In der Vergangenheit gab es immer wieder Stimmen gegen zu viele Muskeln bei Schwimmern, Olympiasiegerin Britta Steffen äußerte sich dazu gegenüber bild.de in der damaligen Diskussion über Lambertz Aussage über die seiner Meinung nach “zu dünnen Schwimmerinnen”: “Jeder muss so trainieren, dass er seine Stärken ausspielen kann. Ich war am schnellsten, als ich schlank und durchtrainiert war. Als ich bei der WM 2011 zu muskellastig an den Start ging, schwamm ich schlecht, weil es zu Lasten meiner Ausdauer ging.”

Steffen hatte aber auch einmal darauf hingewiesen, dass auch sie immer unter starkem Druck auch von Trainerseite bezüglich ihrer Figur gestanden hätte, in der Show “Ewige Helden” erzählte sie sehr offen, dass ihr damaliger Trainer Norbert Warnatzsch sie sehr unter Druck gesetzt hätte bezüglich ihrer Figur, sie habe zu viel “passive Masse” – dies wurde ihr nicht immer sehr sensibel vermittelt. (Sie ergänzt: “Er hat es ja nicht böse gemeint.”). Sie überlegte sich dann, einen Vertrag aufzusetzen, in dem sie die zukünftige Zusammenarbeit mit ihrem Trainer regelte, den respektvollen und freundschaftlichen Umgang miteinander, sie machte das Eingeständnis, ohne Druck ihr Idealgewicht erreichen zu wollen.

Gegenüber sport.de sagte Henning Lambertz: “Wir haben auf manche lange mit Engelszungen eingeredet, vielleicht ist es an der Zeit, auch mal härter durchzugreifen”, sagte Lambertz. Dabei stützt er sein neues Konzept auf drei Säulen: Das Nationalteam soll verkleinert werden, die Qualifikationszeiten für die WM in Budapest sollen sich an Platz acht der Olympischen Spiele von Rio orientieren. Für die Teilnahme an den Sommerspielen in diesem Jahr war noch der zwölfte Rang der WM 2015 in Kasan als Vergleich herangezogen worden.

Das beschriebene Kraftkonzept gehört zur Trainingssteuerung – diese Konzept muss von den Kaderathleten und an den Bundesstützpunkten verpflichtend umgesetzt werden. “Bei den Umfängen im Wasser haben wir in den letzten Jahren aufgeholt, aber im Kraftbereich müssen wir etwas tun. Das Grundniveau ist in allen Disziplinen zu schwach”, sagte der Bundestrainer zu sport.de.

Ergänzend soll es zweimal im jahr eine Kraftüberprüfung geben, Lambertz weiter: “Und wer da zum Beispiel zweimal nur zwei Klimmzüge macht, obwohl er fünf schaffen soll, dem wird dann jegliche Förderung durch den DSV gestrichen”.

Nach Lambertz weiteren Plänen, soll es künftig nur noch vier oder fünf Stützpumkte geben, an denen die besten Schwimmer und der beste Trainer einer Disziplin zusammenkommen. “Davon verspreche ich mir Synergieeffekte und eine engmaschigere Kontrolle”, sagte Lambertz.  “Wir werden sicher nicht mehr Geld zur Verfügung haben, also müssen wir die Mittel möglichst effektiv einsetzen.”

Diese genannten Maßnahmen müssen aber noch vom BMI, DOSB und vor allem vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) abgenickt werden. Dies kann erst nach dem Verbandstag in Leipzg am 6.11. geschehen – dort wird ein neuer DSV Präsident oder eine Präsidentin gewählt werden.

 

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Sara m
7 years ago

Ich denke es ist gefährlich Hosszus Körper als Beispiel zu nennen. Ich denke so ein Körper kann nicht mit natürlichen Mitteln erreicht werden…

Denise
7 years ago

Hallo zusammen,
ich finde es auch nicht richtig, die Förderung um knapp 25% zu streichen. Viele können sich bestimmt daran erinnern, als sich Philipp Heinz nach seinem 200 Meter Lagen Rennen in Rio dazu geäußert hat, dass er dank schlechter Förderung im deutschen Schwimmsport nicht weiß, ob er noch weiterhin schwimmen möchte und auch kann. Wie soll man sich auf den Sport konzentrieren, wenn man auf dem Konto keine finanzielle Sicherheit sieht? Meiner Meinung nach befinden wir uns in einem Teufelskreis – die Leistung der deutschen Schwimmer auf nationaler Ebene hat stark nachgelassen und die Förderung lässt ebenfalls stark nach. Irgendwann muss hier der Absprung gefunden werden und ich finde, dass der erste Schritt sein sollte, die Sportler mehr… Read more »

Daniela Kapser
Reply to  Denise
7 years ago

Philip hat die Teilnahme am World Cup wohl wieder einen großen Teil Spaß am Schwimmsport zurückgebracht und ein bisschen Geld konnte er dort auch verdienen …. aber mit weniger Geld wird es generell für die Stützpunkte schwierig werden, zumal auch noch Stützpunkte entfallen. Sieht man sich die Ausstattungen von US Unis/Colleges und schon den High Schools an … da können wir in Deutschland schon lange nicht mehr mithalten. Wenn Kinder schon keinen Schwimmunterricht mehr haben wegen fehlender Schwimmbäder und Bahnzeiten … wie sollen da noch Talente gefunden und dann gefördert werden? Es ist ein Teufelskreis. Vermutlich wird sich der Erfolg auf Spitzenniveau nur noch durch einzelne Schwimmer definieren. Es ist sehr schade, denn gerade auch Staffeltelnahmen sind meiner Meinung nach… Read more »

Timo
8 years ago

Hallo Leser und Team von SwimSwam,

Ich bin der Meinung, dass die meisten Schwimmer/Athleten schon in jungen Jahren den Anschluss an die Weltspitze verpasst haben.
Durch eine solide Ausbildung der motorischen Fähigkeiten, die Fähigkeit hohe Maximallasten, unter optimaler und verletzungsarmer Ausführung zu bewegen und gepaart mit einem sehr umfassenden und individuellen Ernährungskonzept, können Veränderungen erreicht werden. Zusätzlich spielt eine mentale Unterstützung vieler Sportler/Athleten eine entscheidende Rolle.

Es gibt sicherlich viele Talente im Deutschen Schwimmsport, aber die meisten Trainer kennen ihre Sportler nicht richtig und Fehler im Umfeld der Sportler schleichen sich nach und nach ein. Anstatt, dass alle OSP- und Top-Trainer in Deutschland gegeneinander arbeiten, sollte ein gemeinsames Umsetzen der Qualifikation der Sportler für die Olympischen Spiele, WM und… Read more »

Daniela Kapser
Reply to  Timo
8 years ago

Vielen Dank für Deine Antwort.
Es ist sicher ein sehr komplexes Thema. Andere Schwimmverbände in Europa haben ähnliche Probleme. Ich bin gespannt, wie es jetzt weiter geht.

Martin
8 years ago

Jetzt wird wieder etwas Neues präsentiert und ändern wird sich dadurch wieder nichts..Statt individuell zu fördern wird wieder mit dem Holzhammer draufgeschlagen..Wenn schon da steht, das Konzept soll überall umgesetzt werden, ist schon wieder ein total falscher Ansatz meiner Meinung nach.
Wann kapiert da jemand im DSV, dass es an der Einstellung und mentaler Stärke der Sportler fehlt.

Daniela Kapser
Reply to  Martin
8 years ago

Vielleicht sind ganzheitliche Veränderungen zusätzlich mit dem neuen Präsidium jetzt möglich.

About Braden Keith

Braden Keith

Braden Keith is the Editor-in-Chief and a co-founder/co-owner of SwimSwam.com. He first got his feet wet by building The Swimmers' Circle beginning in January 2010, and now comes to SwimSwam to use that experience and help build a new leader in the sport of swimming. Aside from his life on the InterWet, …

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